Weihnachten, das Winterfest 1


Tannenbaum im WinterEin Beitrag zur Weihnachts-Challenge 2016 von Nikolaus Bösch

Weihnachten ist das Fest, das einen inmitten von Dunkelheit und Kälte daran erinnert, dass es Licht und Wärme gibt. Während das Land im Winter verharrt, ist die Saat des neuen Frühlings schon gelegt. Die Sonne, in der Weihnachtszeit so schwach wie nie, wird neu geboren. Sie braucht noch Zeit, bis sie ihre volle Kraft entfaltet, aber jedes Jahr aufs neue vollbringt sie dieses Wunder. Genau besehen ist es kein Wunder, das sie vollbringt, und in dem Moment, wo auf der Nordhalbkugel Winter ist, ist auf der anderen Hälfte der Erde Sommer. Und in der Mitte, um den Äquator herum dürften weder Winter noch Sommer eine große Rolle spielen.

Das Wunder und die Weihnacht liegt also im Auge des Betrachters. Nicht unbedingt der einzelnen, sondern vielleicht gleich einer ganzen Kultur. Hier, in Mitteleuropa, wo es um diese Zeit kalt und dunkel ist, scheint es zu dieser Zeit unvorstellbar, dass es „Badewetter“ und „blühende Wiesen“ geben kann. Und doch wird es wieder kommen. Wir erinnern uns durch Rituale und Geschichten, dass es nicht ewig Winter bleiben wird. Wir feiern einen Baum, der auch jetzt im Winter grünt, wir vertreiben die Dunkelheit mit Kerzen und Lichterketten, die Stille durch Lieder (und den Weihnachtsstress…).

Ich sage wir, und ich meine nicht jeden einzelnen. Es gibt unzählige Wege, Weihnachten zu verbringen. Mit wir meine ich die Kultur, wie sie im Großen und Ganzen erscheint. Natürlich gibt es Leute, die nicht singen, keinen Baum und keine Lichter haben oder haben wollen.

Was ich allerdings nicht sehe, ist, wieso „Atheismus“ heißen sollte, dass ich die stille, dunkle und kalte Zeit in Stille, Dunkelheit und Kälte ertragen muss.

Astronomisch gesehen wird zu Weihnachten die Erlöserin vom Winter geboren. Durch die Achsenneigung der Erde verändert sich der Einfallswinkel des Sonnenlichts nach Jahreszeit. Zu Weihnachten ist er am flachsten, ab da wird er steiler, und damit scheint die Sonne länger und direkter daher wärmer auf unsere Breitengrade (das steiler einfallende Licht bringt mehr Energie auf die Erdoberfläche). Warum es genau der 25. Dezember sein soll, und nicht der 21. ist schwer eindeutig zu klären. Die einleuchtendste Erklärung scheint eine Kalenderreform, wonach vor der Reform der 25. Dezember der Tag des Solstitium (Sonnwende) gewesen wäre.

Das Fest der Geburt (des Sohn) Gottes ist das Fest der Geburt der Sonne, und allgemein das Fest der Geburt und der Kindheit. Zu Weihnachten inszenieren viele Familien Spektakel für die Kinder – den Heilige Nikolaus vom 6.Dezember kann man schon zur Weihnachtszeit rechnen. Es wird inszeniert und theatert und obendrein gibt es Kekse und Geschenke. Kinder dürfen in Naivität und Unwissenheit feiern und sich an der Plausibilität der Existenz des Christkindes abarbeiten (und können – so betrachtet – die Frage der Existenz Gottes üben), Erwachsene dürfen ein bisschen Kind sein. Es sind wir Menschen, die uns das erlauben, indem wir uns erzählen, dass wir das so machen sollen. Wir erzählen einander die große Geschichte von Weihnachten, und indem wir es feiern, erzählen wir die Geschichte weiter.

Unser Beitrag zur allgemeinen Seelsorge kann sein, die Freude an Weihnachten von der Zugehörigkeit zu einem bestimmten Glauben zu entkoppeln und so auch jenen zugänglich zu machen, die nicht ans Christkind glauben. Wenn insgesamt mehr Leute feiern können, um so besser.

 

Für diejenigen für die Weihnachten ein schwerer Tag ist, weil die Ansprüche und die Wirklichkeit nicht zusammenpassen, haben wir hier ein Hilfs-Paket geschnürt:

Die Sache mit dem Soll und Ist – Wenn ich Hilfe brauche


Über Nikolaus Bösch-Weiss

Seit ca. 10 Jahren ist Nikolaus Bösch-Weiss bei der Atheistischen Religionsgesellschaft. Dabei interessiert er sich sowohl für die theoretischen und philosophischen Verwinklungen , als auch für deren praktische Umsetzung. Als Landbewohner mit Migrationshintergrund aus der Stadt versucht er Brücken zu bauen, und verschiedene Zugänge zusammen zu führen.

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Ein Gedanke zu “Weihnachten, das Winterfest

  • Nikolaus Bösch

    Ergänzend könnte man fragen, ob das Fest dann auch für Atheist/innen “Weihnachten” heißen sollte, oder ob man es auch mit einem anderen Namen bezeichnen könnte.

    Aber im Vergleich zur Frage: Ob und wie man zu der Zeit etwas feiern will, scheint das andere zweitrangig.

    Außerdem könnte ich noch anmerken, dass ich im Advent nur selten über die Fernseh-Vereinnahmung von Weihnachten gestolpert bin, mich von Adventmärkten größtenteils ferngehalten habe und so mit vielen der als unangenehm verschrienen Facetten der Weihnachtszeit nicht in Berührung gekommen bin …