Befragungen zur Bundespräsidentschaftswahl 2016: Dr. Irmgard Griss


In unserer Reihe zur Bundespräsidentschaftswahl 2016 präsentieren wir hier die Antworten, die uns vom Team um Irmgard Griss zugeschickt wurden. Dr. Irmgard Griss ist pensionierte Richterin und war von 2007 bis 2011 Präsidentin des Obersten Gerichtshofs. 2014 machte sie sich einen Namen als Vorsitzende der Untersuchungskommission zur Hypo Alpe Adria. Am 17. Dezember 2015 gab sie ihren Antritt bei der Bundespräsidentschaftswahl 2016 als unabhängige Kandidatin bekannt.

Fragen und Antworten an Dr. Irmgard Griss

Irmgard Griss

Irmgard Griss

Unsere Fragen an Dr. Irmgard Griss wurden uns von einer Mitarbeiterin ihres Wahlkampfteams beantwortet.

1. Zu Beginn stellen wir die Gretchenfrage: Wie halten Sie es mit der Religion? Wie weit beeinflusst Religion bzw. beeinflussen Religionen Ihr politisches Denken und Handeln?

Frau Griss ist katholisch geprägt. Religion ist für Sie Privatsache.

2. Was assoziieren Sie im Allgemeinen mit dem Begriff „Atheismus“? Haben Sie einen persönlichen Bezug zu atheistischen Weltanschauungen (z.B. über eigene Überzeugungen oder durch Mitmenschen)?

Der Unterschied zwischen „religiös sein“ und sich als Atheist zu bezeichnen ist nicht immer ein großer. Der Atheist, wie auch viele religiöse Menschen, lehnt und vor allem lehnte den Einfluss der Kirche auf das Gesellschaftliche leben ab und kritisiert die Verflechtung zwischen Kirche und Staat.

3. Es ist eine Tatsache, dass in den Schriften der monotheistischen Religionen Unglaube und speziell auch Atheismus negativ, teilweise auch herabwürdigend dargestellt werden. Können Sie nachempfinden, dass wir hinsichtlich dieser Tatsache den speziellen Schutz der Religionen durch den §188 des Strafgesetzbuches als äußerst fragwürdig ansehen? Und haben Sie eine Idee, wie dieser unfaire Zustand bereinigt werden könnte?

Natürlich sollte ein solches Gesetz überarbeitet werden, es sollte jedem Menschen frei stehen über eine Religion oder einem Glauben seine Meinung offen kundzutun. Zu Glück reden wir bei §188 über so genanntes „totes Recht“. Die Aufgabe einen solchen Gesetzestext zu ändern liegt bei der Legislative, also dem Nationalrat. Als Bundespräsidentin würde Frau Griss dieses Problem ansprechen.

4. Wie stehen Sie zu folgenden in Österreich gängigen Praktiken bzw. oft gehörten Forderungen?
 – Kreuze in Amtsräumen, Schulklassen und vor Gericht
 – Gottesbezug in der Verfassung
 – Verpflichtender konfessioneller Religionsunterricht für Schülerinnen und Schüler, die einer anerkannten Religionsgemeinschaft angehören
 – Verpflichtender Ethikunterricht für alle Schülerinnen und Schüler
 – Verpflichtender Ethikunterricht für jene Schülerinnen und Schüler, die keinen konfessionellen Religionsunterricht besuchen

Frau Griss ist gegen einen Gottesbezug in der Verfassung.

5. Sie haben Informationsmaterial zur Atheistischen Religionsgesellschaft in Österreich bekommen. Wie stehen Sie zum Vorhaben dieser Bewegung, in Österreich den Status einer staatlich eingetragenen religiösen Bekenntnisgemeinschaft zu erreichen?

6. Sehr geehrte Frau Griss, in einem Ö1-Interview am 19.12.2015 meinten Sie, Sie seien Katholikin, die aber für die Trennung von Kirche und Staat eintritt. Der bisherige bzw. derzeitige Zustand dieser “Trennung” räumt aber einzelnen Religionen Vorrechte gegenüber anderen ein. Uns fällt auf, dass es neben vielen theistischen Religionen (die sich teilweise nur wenig voneinander unterscheiden) eine einzige nichttheistische (Buddhismus), aber überhaupt keine atheistische Religion mit staatlich registriertem Status gibt. (Dass Atheismus prinzipiell Religion sein kann argumentieren wir auf der Homepage.) Könnten Sie sich vorstellen, unser Anliegen rechtlich und politisch zu unterstützen, damit uns dieser Schritt in Richtung Gleichberechtigung leichter gelingt?

Über Ihre letzten beiden Fragen wird sich Frau Griss, wenn sie die Wahl gewinnt und das Amt der Bundespräsidentin inne hat, Gedanken machen.

Anmerkungen

Zu Dr. Griss’ Antwort auf Frage 3 möchten wir anmerken: Wir begrüßen, dass sie diesen Paragraphen ebenfalls kritisch betrachtet, können ihre Einschätzung, bei §188 StGB handle es sich um “totes Recht”, allerdings nicht teilen. Es gibt einen konkreten Fall, bei dem im Jahr 2011 eine Frau wegen dieses Paragraphen zu einer Geldstrafe verurteilt wurde. Dieses Urteil wurde 2014 vom OGH bestätigt. Wir stellten deswegen an Dr. Griss eine Rückfrage, welche allerdings unbeantwortet blieb.

Bildquelle: http://griss16.at


Über Martin Marot-Perz

Als Techniker vom Studium und Beruf her kümmert sich Martin Perz um den Online-Auftritt der Atheistischen Religionsgesellschaft. Als Webmaster ist er gewissermaßen der Hüter der (digitalen) Schlüssel dieser (virtuellen) Hallen hier. Gerne schreibt er aber auch als unabhängiger Denker zu weltanschaulichen Themen, Religion und Philosophie.

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