Die große Erzählung vom Ende der großen Erzählungen 2


Eine Zeit lang war es Mode zu sagen, die Geschichte hätte geendet, durch den Zusammenbruch des Kommunismus in Osteuropa/Russland hätte die Geschichte geendet und das Zeitalter der Ideologien sei vorbei. Jetzt sei die Zeit der großen Erzählungen vorbei. Wer noch an eine große gute Zukunft der Menschheit glaube, sei demnach ein hoffnungsloser Optimist. So jemand müsse entweder naiv oder uninformiert sein.

In so einen Pessimismus passen solche Geschichten wie die von Game of Thrones recht gut: Es gibt nichts Gutes, und alles geht vor die Hunde. Es lohnt sich auch gar nicht, sich für irgendwas einzusetzen, weil eh alles für den Arsch ist.

Man kann es aber auch so betrachten: Die Rede vom Ende der großen Erzählungen ist selbst eine große Erzählung, und sie ist nicht wahrer als die große Erzählung von möglichen Zukünften der Menschheit.

Es gibt zwei Möglichkeiten, die Menschheit und ihre Geschichte zu betrachten (es gibt mehr, aber zwei will ich herausgreifen):

Erste Möglichkeit: Die Menschheit ist verkommen/degeneriert. Früher war sie mal edel und tapfer, mutig und heldenhaft … heute ist sie wohlstandsverweichlicht und feige. Die Jugend heute taugt auch nichts mehr … blablabla … –> Gott hat uns erschaffen, und wir Sünder haben das Paradies verspielt.

Oder eben auch die zweite Möglichkeit: Historisch betrachtet, in Maßstäben von Evolution oder Geologie sind wir Menschen noch unglaublich jung. Wir haben noch nicht einmal die Ein-Planeten-Phase hinter uns gebracht. Angesichts dessen, dass wir erst vor wenigen Jahrtausenden die Schrift entdeckt haben, wie weit haben wir es schon gebracht? Wohin können wir es noch bringen? –> Wir erschaffen unsere Zukunft, übernehmen Verantwortung dafür, wohin die Reise geht … wir haben eine Zukunft, um die wir uns kümmern sollten!

Mangelnde Zukunft führt zu Orientierung an der Herkunft, hat ein Philosoph mal gesagt. Und es scheint, dass wir das beobachten können. Wenn die Zukunft düster ist, schaut jeder, dass er selbst in dieser Enge noch einen Platz findet. Wenn wir aber die Zukunft wieder entdecken können, vielleicht ist dann für alle Menschen Platz, und wir brauchen weniger Angst zu haben.

Vor etwas mehr als 100 Jahren sind die Menschen zum ersten Mal geflogen. Vor wenigen Tagen ist, fast unbemerkt von der Öffentlichkeit, ein Rover auf der anderen Seite des Mondes gelandet …

Die Mauer muss weg.

Gedanken zum Tag von Eosphoros


Über Eosphoros

Die Frage des Atheismus ist nicht: Gibt es einen Gott, sondern vielmehr: Wenn es keinen Gott gibt, wie geht dann das Leben? Kann man auch beten, ohne zu jemandem zu beten? Kann man auch sterben ohne weiterzuleben? Und wenn ja, wie? Es ist eine häufig ungedankte Aufgabe, Menschen ihrer Illusionen zu berauben. Der Wille zur Wahrheit und der Wille zur Verantwortung sind anstrengend, Illusionen oft der einfachere Weg. Nicht umsonst wurde der Lichtbringer Prometheus an einen Felsen gekettet und gefoltert, der Engel Lucifer in die Hölle (oder auch auf die Erde?) verbannt. Tja, aber da sind die Menschen nun. Keine Menschen im Olymp, und kein lebendiger Mensch im Paradies. Das beste was die Menschen hoffen können, ist es sich einigermaßen gut einzurichten. Dazu bedarf es der Weisheit, einer Eigenschaft beziehungsweise Fertigkeit die nur all zu oft mit "Wissen" verwechselt wird. Wissenschaft und Rationalität, es tut mir leid, das sagen zu müssen, sind noch nicht das Ende zur Fahnenstange. Sie dienen dem guten Leben, aber nur, wenn sie richtig eingesetzt werden. In diesem Sinne bemühe ich mich um eine Atheistische Religionsgesellschaft, auf Basis wissenschaftlicher Erkenntnis, verknüpft mit kultureller Erfahrung, politischen Betrachtungen, Philosophischen Überlegungen und möglicherweise tradiierter Mythen.

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