Halloween, oder Samhain, wie es die Kelten nannten, halbiert gewissermaßen den kalendarischen Herbst. Es markiert den Übergang vom goldenen Herbst, dem letzten Ausläufer des Sommers, hin zum dunklen Herbst, dem Vorboten des Winters.
Ein Fest, ein Feuer, Opfer und schauspielerische Darbietungen machen diesen Übergang bewusst. Wo heidnische Feste waren, versuchten die Christen die Feiertage zu besetzen, und so kennen wir heute üblicherweise Allerheiligen, den Totengedenktag der Christen. In unserer frechen Art und unserem aufrichtigen Glauben, dass alle Religionen letztlich menschengemacht sind, müssen wir uns nicht damit belästigen, welcher dieser Feiertage jetzt eigentlich wahrer und unserer Kultur gemäßer ist. Wir können uns überlegen: Welchen brauchen wir nötiger? Und nicht einmal das müssen wir. Wir können beide nehmen.
Halloween mit seinen Masken, Feuern und Gespenstern, mit seinem morbiden und düsteren Touch, stimmt uns ein auf die Zeit der Magie, die jetzt kommt. Die Zeit der Geschichten, in denen unheimliche weil magische Dinge passieren, die sich dem Realitätsprinzip widersetzen. Und Allerheiligen – es liegt an einem Datum, wo die Natur zusehends „stirbt“ – erinnert uns an die eigene Vergänglichkeit, daran, dass auch wir dem Lauf des Lebens folgen und ein Ende haben. Wir werden sterben, und wir werden den Tod von Freunden und Familie miterleben. Triste Gedanken, zu denen der November im Idealfall graue Nebeltage serviert. Es sind Gedanken, denen man lieber aus dem Weg geht, die man gern zerstreuen will, von denen man sich ablenkt.
Es kommt die dunkle Zeit, die „stille“ Zeit, und wir als Gesellschaft drehen die Hektik höher. Weihnachtsgeschäft, Dekorationen basteln (zunehmend Trend) und vieles mehr kann uns davon ablenken, dass wir kleine, fast zufällige Molekülhaufen auf einem kleinen blass-blauen Punkt sind, der sich beständig durch die Schwärze des Weltalls bewegt.
Wenn wir uns aber auf den Gedanken einlassen, so stellen wir vielleicht fest, dass bei all dieser Kleinheit wir ein Teil dieser Welt sind und unser Handeln zwar nicht im Alleingang den Lauf der Dinge ändert, aber Teil dieses Laufs der Dinge ist. Es könnte auch anders laufen. Wir sind klein und werden sterben. Wir sind aber auch am Leben. Der Tod kann einem dabei helfen, das Leben nicht als selbstverständlich zu betrachten und so zu leben, als wäre es etwas Besonderes. Wer sich mit dem Tod auseinandersetzt, beginnt vielleicht gerade deswegen mehr und intensiver zu leben.
Danken wir der Schlange im Paradies dafür, dass sie uns von der Ignoranz befreit hat.
Quelle:
Wie Samhain zu Halloween wurde (religion.orf.at, 31.10.2017)
Dieser Text von Eosphoros ist erstmals am 31.10.2017 erschienen.