Weihnachten – Ein Hochfest des Humanismus?


Ein Beitrag zur Weihnachts-Challenge 2016 von Martin Perz

Douglas Adams, der selbst ein überzeugter Atheist war, erwähnt in seinem bekannten Werk “Per Anhalter durch die Galaxis” ganz beiläufig Jesus Christus auf folgende Weise:

And then, one Thursday, nearly two thousand years after one man had been nailed to a tree for saying how great it would be to be nice to people for a change, …

Und eines Donnerstags dann, fast zweitausend Jahre, nachdem ein Mann an einen Baumstamm genagelt worden war, weil er gesagt hatte, wie phantastisch er sich das vorstelle, wenn die Leute zur Abwechslung mal nett zueinander wären, …

Douglas Adams: The Hitchhiker’s Guide to the Galaxy; dt. Übersetzung: Per Anhalter durch die Galaxis

Diese Aussage ist aus historischer und theologischer Sicht eine Halbwahrheit. Jesus wurde natürlich aus anderen Gründen gekreuzigt. Doch sie transportiert eine Sichtweise auf Jesus, der auch ich immer anhing. In meinem Verständnis war die Kernbotschaft von Jesus Christus und des Christentums immer, dass man gut zu anderen Menschen sein sollte. Später wurde mir klar, dass diese Botschaft trefflicher mit “Humanismus” beschreiben lässt, und dass die christliche Lehre noch andere Dinge wie den Glauben an Wunder, an ewiges Leben und an das nahende Ende der Welt beinhaltete. Doch wenn wir bei diesem humanistischen Jesusbild bleiben, dann wäre es nur konsequent, dass wir auch sein Geburtstagsfest, Weihnachten, als ein Fest des Humanismus zu betrachten und zu begehen: Ein Fest, bei dem man einfach einmal nett zu den Mitmenschen sein sollte. Es gibt unzählige Beispiele dafür, dass das Weihnachtsfest tatsächlich in diesem Geiste gefeiert wird. Ich möchte hier das für mich eindrucksvollste und auch berührendste Beispiel nennen: Weihnachten 1914 an der Westfront im ersten Weltkrieg.

Weihnachtsfrieden 1914: Deutsche und britische Soldaten treffen sich im Niemandsland

Weihnachtsfrieden 1914: Deutsche und britische Soldaten treffen sich im Niemandsland

In der Mitte des Jahres 1914 wurde durch das Attentat von Sarajevo auf das Österreichische Thronfolgerehepaar eine Lawine an Kriegserklärungen durch Bündniszusagen zwischen den europäischen Mächten losgetreten, welche in den 1. Weltkrieg führte. Junge Männer zogen teilweise mit Begeisterung in den Krieg, im Glauben, zu Weihnachten wieder siegreich heimgekehrt zu sein. Dieser Kriegsbegeisterung folgte schnell die Ernüchterung: Der Krieg wurde zu einem zermürbenden Stellungsskrieg, dessen Ende nicht absehbar war. Doch am Weihnachtstag ruhten plötzlich an vielen Orten die Waffen. Es war eine nicht autorisierte Waffenruhe, welche die einfachen Soldaten selbst erwirkten. Dieser Weihnachtsfriede dauerte einige Tage an.

Vor allem an der Westfront in Flandern kam es zwischen britischen und deutschen Truppen zu Verbrüderungen. Viele Legenden bildeten sich um diese kurze Episode des Friedens in einem erbarmungslosen Krieg. Einige beruhen auf Berichten, die vor allem in britischen Medien publiziert wurden, einiges ist heute nicht mehr belegbar.

An vielen Stellen der Westfront trafen sich die Soldaten im Niemandsland, zunächst, um gefallene Kameraden zu bergen, doch dann wurde mehr daraus. Sie tauschten Geschenke aus, welche sie zur moralischen Unterstützung aus der Heimat bekommen hatten. Stellenweise wurden Weihnachtslieder gesungen. Auch Offiziere schlossen sich dem Weihnachtsfrieden an, so befahl ein deutscher Leutnant seinen Truppen, an den Weihnachtsfeiertagen nicht zu schießen, sondern Christbäume und Kerzen auf die Schützengräben zu stellen. An einem Sektor der Front soll es zu einem spontanen Fußballspiel zwischen deutschen und englischen Soldaten gekommen sein.

In den folgenden Kriegsjahren wiederholte sich dieser spontane Weihnachtsfriede nicht. Zwar gab es entsprechende Versuche, doch die Heeresleitungen waren vorbereitet und drohten mit scharfen Sanktionen und Kriegsgerichtsverfahren. Die Metapher, dass jemand gekreuzigt wurde, weil er forderte, nett zu anderen zu sein, ist dafür gar nicht so unpassend.

Zu Weihnachten 1914 trat in einer dunklen Zeit für einen kurzen Augenblick das Beste in uns Menschen zum Vorschein. Kaum ein anderes Beispiel zeigt uns, was Weihnachten bewirken kann, und dass man es als Hochfest des Humanismus begreifen kann.

Quellen


Über Martin Marot-Perz

Als Techniker vom Studium und Beruf her kümmert sich Martin Perz um den Online-Auftritt der Atheistischen Religionsgesellschaft. Als Webmaster ist er gewissermaßen der Hüter der (digitalen) Schlüssel dieser (virtuellen) Hallen hier. Gerne schreibt er aber auch als unabhängiger Denker zu weltanschaulichen Themen, Religion und Philosophie.

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