Totengedenken zum 8. Mai


Bald jährt sich das Ende des letzten großen Kriegs mit Österreichischer Beteiligung zum 72. Mal. Eine Gelegenheit, die viele sich nicht entgehen lassen werden, die Helden zu Ehren, wie es immer noch auf allzu vielen Denkmälern heißt.

Die österreichischen Soldaten waren vielleicht vieles, aber sie Helden zu nennen, dient niemandem. Jene, die nur all zu gerne für den Faschismus in den Krieg zogen, waren bestenfalls verblendet, jene, die zwangsrekrutiert wurden, waren Opfer, denen Jahre ihres Lebens, ihre Unschuld und häufig ihr Leben genommen wurde.

Mahnmal im Gärnerpark in Leoben, zur Erinnerung an die Opfer des Nationalsozialismus

Mahnmal im Gärnerpark in Leoben, zur Erinnerung an die Opfer des Nationalsozialismus

Mir sind die Worte meines Großonkels in Erinnerung, als er kurz vor seinem Tod, im Fieberdelirium meine Hand packte und meinte: „Wenn das Maschinengewehr auf dich drauf hält, nützt alles aufpassen nichts.“ Er hatte Glück, und wurde zur richtigen Zeit in der richtigen Schwere verwundet. So kam er noch rechtzeitig weg, von einer Front, die kein Deutscher/Österreichischer Soldat auf Dauer überlebte. Doch seine Psyche hatte Schaden genommen. Daran besteht für mich kein Zweifel.

Viel eher, als wir unsere Großelterngeneration fürs Heldsein ehren sollten, sollten wir uns überlegen, wie wir verhindern können, dass unsere und zukünftige Generationen zu Helden werden. Wir sollten das Ende des Krieges nehmen, um uns auch zu fragen: Wie wird so etwas eigentlich verhindert? Wer hätte damals zu welcher Zeit wie anders handeln können, um dieses massive Blutbad zu verhindern?

Wie können wir heute handeln, um zukünftigen Situationen dieser Art vorzubeugen? Woran erkennt man, dass der Weg in die falsche Richtung führt? Ist die europäische Union ein Friedensprojekt, das zwischen Deutschland, Frankreich, Italien und England eine jahrhundertelange Tradition von Krieg beendet? Oder ist sie ein Zusammenschluss um global auf anderem Maßstab aktiv werden zu können?

Als kleines und geostrategisch eher unbedeutendes Österreich leisten wir uns gerne den Luxus unsere „Neutralität“ mit Wurschtigkeit zu verwechseln. Wir sind eingebettet in eine Welt, deren Rüstungsausgaben 2016 wieder gestiegen sind. Als Teil der Europäischen Union sind wir in die Ereignisse eingebettet, ob wir wollen oder nicht. Und unsere Entscheidungen als Staat(engemeinschaft) mit Syrien, der Türkei, Russland, den USA umzugehen wirkt sich auf den weiteren Weg der Geopolitik aus.

Wir sollten das im Auge behalten, wenn es um die Grundversorgung von Flüchtlingen geht, um die Frage: Retten oder im Mittelmeer ersaufen lassen. Wir sollten es mitbedenken, wenn es darum geht, ob Österreich zuerst kommt, und was das bedeutet.

Das Ende des Weltkriegs hat dazu beigetragen, die UNO zu gründen, in einem Versuch, Krieg durch diplomatischen Interessensaustausch vorzubeugen, der mehr oder weniger erfolgreich war. Millionen sind seitdem im Krieg gestorben, Stellvertreterkrieger nahmen den Platz von Weltkriegen ein, aber ist damit ein Anfang gemacht?

Hinter diesen Schritt im Versuch eine Weltordnung friedlich zu verhandeln sollten wir keinesfalls zurückweichen. Darüber hinauswachsen dürfen wir jederzeit gerne versuchen.

Wenn wir Feiertage feiern, weil sie Aspekte des menschlichen Daseins in der Welt gegenwärtig machen sollten, wäre der 8. Mai ein Vorschlag.


Über Eosphoros

Die Frage des Atheismus ist nicht: Gibt es einen Gott, sondern vielmehr: Wenn es keinen Gott gibt, wie geht dann das Leben? Kann man auch beten, ohne zu jemandem zu beten? Kann man auch sterben ohne weiterzuleben? Und wenn ja, wie? Es ist eine häufig ungedankte Aufgabe, Menschen ihrer Illusionen zu berauben. Der Wille zur Wahrheit und der Wille zur Verantwortung sind anstrengend, Illusionen oft der einfachere Weg. Nicht umsonst wurde der Lichtbringer Prometheus an einen Felsen gekettet und gefoltert, der Engel Lucifer in die Hölle (oder auch auf die Erde?) verbannt. Tja, aber da sind die Menschen nun. Keine Menschen im Olymp, und kein lebendiger Mensch im Paradies. Das beste was die Menschen hoffen können, ist es sich einigermaßen gut einzurichten. Dazu bedarf es der Weisheit, einer Eigenschaft beziehungsweise Fertigkeit die nur all zu oft mit "Wissen" verwechselt wird. Wissenschaft und Rationalität, es tut mir leid, das sagen zu müssen, sind noch nicht das Ende zur Fahnenstange. Sie dienen dem guten Leben, aber nur, wenn sie richtig eingesetzt werden. In diesem Sinne bemühe ich mich um eine Atheistische Religionsgesellschaft, auf Basis wissenschaftlicher Erkenntnis, verknüpft mit kultureller Erfahrung, politischen Betrachtungen, Philosophischen Überlegungen und möglicherweise tradiierter Mythen.

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