Fragen an die Spitzenkandidierenden der Nationalratswahl 2019: Sebastian Kurz (ÖVP)


In diesem Teil unserer Reihe “Fragen an die Spitzenkandidierenden der Nationalratswahl 2019” berichten wir über die Antworten, die uns die Partei “Österreichische Volkspartei” (ÖVP) heute übermittelt hat.

Mag. Stefan Riedl (ÖVP Politik . Strategie) hat uns dazu geschrieben:

Sehr geehrter Herr MMag. Apfalter,

vielen Dank für Ihre Anfrage und die Zusendung der Fragen der Atheistischen Religionsgesellschaft in Österreich!
Anbei darf ich Ihnen die Antworten der Volkspartei übermitteln.

Bei Fragen stehe ich gerne jederzeit zur Verfügung!

Mit besten Grüßen
Stefan Riedl

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Mag. Stefan Riedl
Politik . Strategie

Österreichische Volkspartei
Lichtenfelsgasse 7 . 1010 Wien


Über welche persönlichen Eigenschaften soll ein Mensch, der ein verantwortungsvolles, hohes öffentliches Amt ausüben möchte, Ihrer Ansicht nach verfügen? Und was macht speziell Sie diesbezüglich geeignet?

Es braucht Menschen in der Politik, die auch den Mut haben, etwas zu verändern und zu bewegen, starre Strukturen aufzubrechen und so die großen Herausforderungen, vor denen unser Land und unsere Gesellschaft stehen, aktiv anzupacken. Wir wollen den Weg der Veränderung, den wir in den vergangenen eineinhalb Jahren begonnen haben, konsequent fortsetzen. So können wir Österreich wieder zurück an die internationale Spitze bringen.

Setzen Sie sich aktiv für die Verwirklichung aller (!) die Republik Österreich rechtlich bindenden Tier- und Menschenrechte ein? Welche konkreten Maßnahmen entwickeln und was konkret unternehmen Sie diesbezüglich?

Österreich ist in Europa und in der Welt ein Vorreiter im Tierschutz und bei der Einhaltung der Menschen- und Grundrechte. Verbesserungen im Tierschutz kann und muss es auch in Zukunft in Österreich geben. Dabei bedarf es aller Beteiligten, diese Verbesserungen auch mitzutragen. Auch die Einhaltung der in Österreich rechtlich bindenden Menschenrechte steht für uns außer Frage. Dafür treten wir ganz klar ein. Nicht zuletzt trägt Österreich auch die Verantwortung, völker- und europarechtliche Abkommen in diesem Bereich einzuhalten.

Was werden Sie tun, um uns aus menschenrechtlich fragwürdigen Energie- und Rohstoffabhängigkeiten nachhaltig zu befreien?

Um von Energie- und Rohstoffimporten nachhaltig unabhängiger zu werden, ist es notwendig, Rahmenbedingungen zu schaffen, in denen die Energie, die wir verbrauchen, zunehmend von uns selbst in Österreich produziert wird. Das schaffen wir zum Beispiel, indem wir weitere Möglichkeiten für Strom aus Wasserkraft ausloten, die Energieerzeugung aus Wind-, Sonnenkraft und Biomasse weiter ausbauen und verstärkt auf dezentrale Energieversorgung setzen. Zusätzlich braucht es CO2-Zölle für Importe in die EU aus Drittstaaten, die den nötigen Standards im Klima- und Umweltschutz nicht entsprechen. Bei jenen importierten Ressourcen, die wir nicht durch heimische Produkte ersetzen können, gilt es die Einhaltung der Menschrechte durch die betroffenen Staaten und Unternehmen einzufordern. Dabei ist ein international akkordiertes Vorgehen wesentlich. Die am besten geeignete Variante, Regelungen im Bereich Wirtschaft und Menschenrechte durchzusetzen, ist der Abschluss entsprechender Wirtschaftsabkommen mit Drittstaaten inklusive umfassenden Nachhaltigkeitskapiteln. Wichtig dabei ist, dass unsere hohen österreichischen Standards eingehalten werden.

Welche Maßnahmen wollen Sie gegen die Klimaerwärmung ganz konkret umsetzen (lassen)? Was werden Sie unternehmen, um uns und andere Lebewesen vor unerträglichen Hitzefolgen zu schützen?

Österreich hat eine Verpflichtung, beim Kampf gegen den Klimawandel mit gutem Beispiel voranzugehen. Uns geht es dabei nicht um Verbote, Bevormundung oder sogar neue Steuerbelastungen, sondern um Innovationen und positive Anreize. Wir haben die Chance, Innovationsvorreiter zu werden und dadurch sowohl das Klima zu schützen wie auch unseren Standort zu stärken. Die nachhaltige Nutzung von Wasserstoff in Verkehr und Industrie ist hierbei eine unserer Prioritäten. Wir wollen Wasserstoff-Nation Nummer 1 werden und unser Know-How exportieren. Um das zu schaffen, müssen wir einen Schwerpunkt auf die Forschung und Entwicklung von Wasserstoff-Technologien setzen. Außerdem ist es unser klares Ziel, Österreich bis 2045 CO2-neutral zu machen. Dazu braucht es steuerliche Anreize und Förderungen, um fossile Brennstoffe immer mehr durch erneuerbare Energieträger zu ersetzen.

Welche Maßnahmen wollen Sie gegen das Menschensterben im Mittelmeer ganz konkret umsetzen (lassen)?

Wir müssen gemeinsam mit den Mittelmeer-Anrainerstaaten sicherstellen, dass Ertrinkende im Mittelmeer gerettet werden und eine ordentliche Erstversorgung stattfindet. Das ist unsere menschliche Pflicht. Illegale Migration bekämpfen und das Sterben beenden können wir aber nur, wenn Gerettete danach nicht automatisch weiter nach Europa gelangen, da sich sonst immer mehr Menschen auf die gefährliche Reise machen werden. Die Menschen sollten nach der Rettung und Erstversorgung also in ihre Herkunfts- oder Transitländer zurückgestellt werden


Wie können und sollen atheistische Asylwerber*innen Ihrer Ansicht nach ihren Atheismus nachweisen? Unterstützen Sie Schulungsmaßnahmen beim Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) in Bezug auf Atheismus und die Veränderung religiöser Überzeugung im Zusammenhang mit dem Recht auf Religionsfreiheit? – Hintergrund: Ein Beispiel aus einem negativen BFA-Bescheid, der das völlige Verlassen des islamischen Glaubens (Apostasie vom Islam) in einem stark islamisch geprägten Land als harmlos ansieht: “Eine befragte Person gibt an, dass man keine Probleme als Ungläubiger hat, solange man bestimmte Verhaltensweisen einhält.” Ein weiteres Beispiel: “Zudem machen Sie im Zuge der niederschriftlichen Einvernahme auch Angaben die [sic] komplett widersprüchlich sind. So geben Sie einerseits an Atheist zu sein, andererseits haben Sie davor als gläubiger und praktizierender Moslem bis zu fünfmal täglich gebetet.”

Wie können und sollen homosexuelle Asylwerber*innen Ihrer Ansicht nach ihre Homosexualität nachweisen? Unterstützen Sie Schulungsmaßnamen beim BFA in Bezug auf klischeehafte Vorstellungen über Homosexualität?- Hintergrund: Ein Zitat-Beispiel aus einem negativen BFA-Bescheid eines Asylwerbers, dem seine Homosexualität nicht geglaubt wird: “Außerdem konnte der zuständige Organwalter feststellen, dass Sie unauffällig gehen und sprechen.”

Jedes einzelne Asylverfahren umfasst eine individuelle Prüfung und auf Grundlage dieser Prüfung trifft das BFA und in zweiter Instanz das unabhängige Bundesverwaltungsgericht die Entscheidung über einen positiven oder negativen Asylbescheid. Ein respektvoller und fairer Umgang mit Asylwerberinnen und Asylwerbern muss im Verlauf des gesamten Asylverfahrens selbstverständlich sichergestellt werden. Durch schnelle effiziente Verfahren im Rahmen der Rechtstaatlichkeit und angemessene Unterstützung wollen wir dies auch in der Praxis gewährleisten.

Das aktuelle österreichische (Weltanschauungs- und) Religionsrecht ist leider durch historisch gewachsene Inkonsistenzen und Diskriminierungen geprägt. Teilen Sie die Einschätzung, dass angesichts des Gleichheitssatzes unserer Verfassung, religiöser Vielfalt und aktueller gesellschaftlicher Herausforderungen eine weltoffene Vereinheitlichung des österreichischen (Weltanschauungs-und) Religionsrechts nach und mit im Einzelnen inhaltlich sehr gut überlegten und sorgfältig durchdachten, weitblickenden Kriterien und 3 Bestimmungen, die dann auch wirklich für alle gleichermaßen gelten können, erstrebenswert ist? Mit welchen Maßnahmen werden Sie gegebenenfalls eine solche Vereinheitlichung ganz konkret unterstützen?

Wir bekennen uns klar zum aufklärerischen Prinzip der Trennung zwischen Staat und Religion. Das staatliche Recht und unsere Verfassung sind zwar von unserem christlich-jüdischen Erbe inspiriert, dürfen aber durch keine religiösen Regeln ausgehebelt oder in Frage gestellt werden. Das heißt für uns aber auch nicht, unsere Tradition und unser kulturelles Erbe zu verstecken. Wir verstehen es als unsere Aufgabe, dass wir unsere Kultur und das, was sie ausmacht, bewahren. Diese Kultur wurde neben den Ideen der Aufklärung über Jahrhunderte von den Wert- und Moralvorstellungen des Judentums und insbesondere des Christentums geprägt. Zu diesen kulturellen Wurzeln stehen wir, sie sollten auch in unserer Rechtsordnung entsprechend Berücksichtigung finden.


Über Wilfried Apfalter

Ich halte unsere Atheistische Religionsgesellschaft in Österreich (ARG) für ein in mehrfacher Hinsicht sehr spannendes Projekt und bin fasziniert von dem, was alles möglich ist bzw. sein wird.

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