Zum Amtsgutachten über die Lehre der ARG 2


Zur Lehre unserer Atheistischen Religionsgesellschaft in Österreich (ARG) hat das Kultusamt damals im Rahmen seines behördlichen Ermittlungsverfahrens zu unserem Eintragungsverfahren ein Amtsgutachten eingeholt, das mit der Frage „Kann die Lehre der ARG als religiöse Lehre bezeichnet werden?“ überschrieben ist und uns am 24. Juli 2020, also vor mittlerweile fast drei Jahren, in den Räumlichkeiten des Kultusamts im Bundeskanzleramt in ausgedruckter Form übergeben wurde.

In diesem Amtsgutachten ist auf Seite 3 unter anderem folgende Textpassage zu lesen (zitiert auf Seite 7 des im RIS zugänglichen VGW-Erkenntnisses):

„Die unter § 2 dargestellten Lehrsätze sind vor diesem Hintergrund zwischen dem Schema Eins und Drei einzuordnen. Es wird dezidiert festgehalten, dass der Bezug auf das Unerfassbare i.S. eines Gottes oder einer Gottheit abgelehnt wird (1). Dies wird unterstrichen durch (2), demzufolge der Mensch sich die ethischen Grundlagen selbst gibt. Das Akzeptieren des Nicht-alles-Wissens oder des (noch) Nichtwissens (4) dürfte keine Ausdruck von Transzendenzbewusstsein i.S.d. Bezugs auf das Unerfassbare beschreiben, insofern festgehalten wird, dass es einer Letztbegründung (i.S.d. Bezugs auf das Unerfassbare) nicht bedarf. Folgerichtig wird auch die Frage nach dem Woher und Wohin des Menschen (5) – (9) im Rahmen immanenter Deutungsmuster dargelegt. Die Verwendung von traditionell religiösen Begriffen wie Seelsorge, Tempel oder Kloster ändern [sic] an der grundlegend immanenten Ausrichtung nichts.“

Das “(1)” im zweiten Satz dieser Textpassage beispielsweise bezieht sich wohl auf den § 2 Absatz 1 unserer Statuten. In diesem ist wörtlich zu lesen: “Wir […] glauben, dass nicht Gottheiten uns Menschen erschaffen haben, sondern dass jeweils Menschen ihre Gottheiten […] erschaffen haben beziehungsweise erschaffen, sodass alle diese Gottheiten […] letztlich immer (nur) als von Menschen erschaffene Gottheiten […] existieren […].”

Was bedeutet das für das Amtsgutachten?

Wir überlassen es sehr gerne den Leserinnen und Lesern unserer Homepage, sich selbst einen Reim darauf zu machen, ob die Textpassage aus dem Amtsgutachten Tatsachen zur Lehre der ARG korrekt darlegt (bzw. allenfalls analysiert) oder in unauflösbaren Widersprüchen zur Darstellung der Lehre der ARG im § 2 unserer Statuten (“Darstellung der Religionslehre”) steht. Zur Unterstützung einer Einschätzung empfehlen wir eine sorgfältige Lektüre der Lehre der ARG und ebenso eine Lektüre der vierteiligen Beitragsserie “Transzendenz” (Teil 1, 2, 3, 4) auf unserer Homepage.

Unsere eigenen Einschätzungen zum Amtsgutachten haben wir zunächst dem Kultusamt im Bundeskanzleramt, dann dem Verwaltungsgericht Wien (VGW) und danach auch dem Verwaltungsgerichtshof (VwGH) mitgeteilt. Eine VwGH-Entscheidung über unsere außerordentliche Revision vom 28. April 2023 liegt uns derzeit noch nicht vor. ABER: Wir bleiben dran!

Wilfried Apfalter ist Präsidiumsmitglied der Atheistischen Religionsgesellschaft in Österreich (ARG)


Über Wilfried Apfalter

Ich halte unsere Atheistische Religionsgesellschaft in Österreich (ARG) für ein in mehrfacher Hinsicht sehr spannendes Projekt und bin fasziniert von dem, was alles möglich ist bzw. sein wird.

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2 Gedanken zu “Zum Amtsgutachten über die Lehre der ARG

  • Hermann Geyer

    Zum “Transzendenzbezug” hier nochmal die Erinnerung an den in religionsunabhängiger Philosophie durchaus gängigen Aspekt “tranzendental”.
    In meinem Text (entstanden knapp nach der Jahrtausendwende) “Wie versucht wird, aus Glaube Wissen zu machen” (er war auf atheisten-info.at viele Jahre öffentlich, ist jetzt dort leider gelöscht – aber immer noch zugänglich auf
    https://vdocuments.pub/wie-versucht-wird-aus-glaube-wissen-zu-wie-versucht-wird-aus-glaube-wissen-zu.html?page=1 )
    habe ich in “Achter Anlauf: Transzendenz?”
    auch auf die österreichische Gesetzeslage hingewiesen.

    Für ein griffiges Beispiel, inwiefern auch atheistische Geisteshaltung einen Transzendenzbezug hat bzw. haben kann, halte ich deren Streben nach Idealen wie Gerechtigkeit o.ä. – nämlich nach Idealen, die in der angestrebten vollkommenen Form nie zu erleben sind, also alle realen Erfahrungen übersteigen.

    • Wilfried Apfalter

      Lieber Hermann,

      du schreibst: “inwiefern auch atheistische Geisteshaltung einen Transzendenzbezug hat bzw. haben kann”. Damit sprichst du einen wichtigen Punkt im Verfahren unserer Atheistischen Religionsgesellschaft in Österreich (ARG) an, in dem es ja ausschließlich nur um die ARG geht (und nicht um Atheismus bzw. Atheist:innen allgemein) und in dem staatlicherseits wirklich religiös neutral (und natürlich auch in anderer Hinsicht immer rechtsstaatlich korrekt) vorzugehen und zu entscheiden und natürlich auch zu begründen ist: Hat die ARG einen rechtlich ausreichenden Transzendenzbezug oder hat sie ihn nicht?

      Ein wirklich interessanter und auf das Verfahren bezogen aus meiner Sicht weiterhin spannender Punkt! 🙂

      LG Wilfried