23. März: Welt-Atheistentag / World Atheist Day 1


Der Welt-Atheistentag („World Atheist Day“) am 23. März geht auf eine Initiative der internationalen Facebook-Organisation „Atheist Republic“ zurück und wird heuer zum siebenten Mal begangen. Er bietet wieder eine gute Gelegenheit, die aktuelle Situation von Atheist:innen genauer in den Blick zu nehmen und auf sie aufmerksam zu machen.

Darum bemüht sich auch die Atheistische Religionsgesellschaft in Österreich (ARG) gemeinsam mit dem Verein „Säkulare Flüchtlingshilfe – Österreich“.

Für mehr Sorgfalt in Asylverfahren

Als weltoffener Atheist würde ich mir natürlich wünschen, dass die Republik Österreich gerade dort, wo sie als Staat hoheitlich handelt, immer auch intellektuell tragfähig handelt. Etwa in Asylverfahren. Da geht es zwar selten, aber manchmal doch auch um Atheist:innen bzw. Atheismus. Zum Beispiel war ein ARG-Mitglied X aus Afghanistan in der glücklichen Lage, dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) im September 2023 ein Gutachten von Hans Gerald Hödl, Außerordentlicher Universitätsprofessor für Religionswissenschaft an der Katholisch-Theologischen Fakultät der Universität Wien, vorlegen zu können („Gutachten zur religiösen Einstellung von X“). Im Bescheid zu X vom November 2023 ist das BFA daraufhin von

„einer subjektiven Meinungsäußerung seitens Herrn Ao. Univ. Prof. Dr. Hans Gerald Hödl ausgegangen, weil dieser selbst auch ein Mitglied, [sic] jener atheistischen Glaubensgemeinschaft ist, welcher Sie auch angehören würden.“

Und zwar einfach so, ohne Ermittlung bzw. Nachfrage. Daraufhin stellte Hans Gerald Hödl am 18. Februar 2024 schriftlich klar:

„Hiermit erkläre ich […] an Eides statt: (1) Dass ich Zeit meines Lebens (seit der Taufe im Säuglingsalter) Mitglied der Römisch Katholischen Kirche gewesen bin und immer noch bin. (2) Dass ich der Atheistischen Religionsgesellschaft […] weder angehöre noch auch nur im Entferntesten daran denke, ihr jemals beizutreten.“

Begründungen manchmal haarsträubend

Im Jänner 2024 hat das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) den alten BFA-Bescheid zu X teilweise aufgehoben. Im neuen BFA-Bescheid vom Jänner 2025 steht nun:

„Nicht erwiesen werden konnte, ob Sie atheistischen Glaubens sind. Dies konnte aus jenem Grund nicht erwiesen werden, da dies in Widerspruch zu Ihrer vorgebrachten Volksgruppe steht.“

Und weiters:

„Sie haben […] auch ein religiöses Gutachten von Ao. Univ. Prof. Dr. Hans Gerald Hödl eingebracht […]. Hierbei kann jedoch nicht die Rede von einem religiösen Gutachten sein. Denn dieses haben Sie sich genau ein [sic] Tag vor Ihrer Einvernahme beschafft. Somit ist das von Ihnen eingebrachte Beweismittel als nicht verwertbar zu erachten.“

Diese behördlichen Argumentationen sind in mehrfacher Hinsicht haarsträubend. Das ARG-Mitglied X wehrt sich nun mithilfe seines Rechtsanwalts Ralf Niederhammer gegen diesen BFA-Bescheid.

Gegen die Verletzung von Menschenrechten

Religion bietet hoffentlich einen Raum für Existenzielles. Es gehört zur Religionsfreiheit, auch ein Leben ohne Gott und darüber hinaus auch überhaupt ohne Religion leben zu dürfen. Obwohl sie als Menschenrecht natürlich für alle Menschen gilt, wird die Religionsfreiheit leider nicht von allen Staaten allen Menschen garantiert. Mir bleibt unvergessen, wie in einem anderen Fall ein Richter am BVwG nach der mündlichen Verkündung seiner Entscheidung im nachfolgenden kurzen Begründungsteil zum beschwerdeführenden ARG-Mitglied Y in einfachen Worten gesagt hat:

„Im Iran droht Ihnen der Tod am Baukran-Galgen. Und das wollen wir nicht.“

Da geht es, kommt mir vor, in mehrfacher Hinsicht und ganz offenkundig um Existenzielles. Auch das Recht auf Leben ist ein Menschenrecht. Und zwar ein ganz grundlegendes.

Am Welt-Atheistentag 2025 danken wir allen Menschen guten Willens, die sich dafür einsetzen, dass ihr jeweiliger Staat die Menschenrechte wirklich allen Menschen – und damit auch allen Atheist:innen – gewährt und garantiert. Viele Staaten tun das bereits. Und das ist gut so.

Anmerkung: Ein ORF-Bericht dazu ist auf religion.orf.at bereits heute erschienen (“Weltatheistentag: Atheismus und Asylverfahren“, 12.3.2025). Daher erscheint nun auch dieser Beitrag bereits heute auf der ARG-Homepage.

Veranstaltungshinweis: Am Tag vor dem heurigen Welt-Atheistentag veranstalten wir in Wien wieder eine “Kundgebung für die Gleichberechtigung von Atheist:innen” (Samstag, 22. März 2025, 14-15 Uhr, Mariahilfer Straße auf der Höhe von Nr. 78-80).

Wilfried Apfalter ist Präsidiumsmitglied der Atheistischen Religionsgesellschaft in Österreich (ARG)


Über Wilfried Apfalter

Religionsfreiheit und Religion lassen sich auch atheistisch verwirklichen. Ich halte unsere Atheistische Religionsgesellschaft in Österreich (ARG) für ein in mehrfacher Hinsicht sehr spannendes Projekt und bin fasziniert von dem, was alles möglich ist bzw. sein wird.

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Ein Gedanke zu “23. März: Welt-Atheistentag / World Atheist Day

  • Martin Marot-Perz

    „Nicht erwiesen werden konnte, ob Sie atheistischen Glaubens sind. Dies konnte aus jenem Grund nicht erwiesen werden, da dies in Widerspruch zu Ihrer vorgebrachten Volksgruppe steht.“

    Zu dieser Argumentation des Bundesamtes für Asylwesen fallen mir nur mehr unschmeichelhafte Adjektive ein: Das ist arrogant, zynisch, werterelativistisch und rassistisch.

    Es ist nicht weniger als eine Geringschätzung und Missachtung von Grundwerten durch eine Staatliche Institution. Über die Motive kann ich nur spekulieren, aber mit meinem Grundsatz, keine Boshaftigkeit zu vermuten, wenn Dummheit als Erklärung ausreicht, den ich in der Regel verfolge, tu ich mir hier schon sehr schwer.