Das Dialogforum Ethik der “Initiative Weltethos Österreich” (IWEO) hat eine gemeinsame Stellungnahme zum Thema “Korruption” vorgelegt.
Stellungnahme des Dialogforums Ethik zum Thema „Korruption“
Unter Korruption werden hauptsächlich Bestechung und Bestechlichkeit verstanden. Es gibt zwar in nahezu allen Ländern Gesetze, die beides verbieten und unter Strafe stellen, aber sie werden in vielen Ländern, leider auch in Österreich, wiederholt umgangen oder einfach nicht angewendet. Dabei wird übersehen, dass es hier um ein ethisches Problem geht, weil die sittliche oder unsittliche Haltung des (der) Einzelnen immer Auswirkungen auf das Wohl der ganzen Gesellschaft hat.
Im Manifest „Globales Wirtschaftsethos“ der Stiftung Weltethos heißt es dazu: „Korruption schadet dem Gemeinwohl, der Wirtschaft und den Menschen, weil sie systematisch zu einer fehlgeleiteten Aufteilung und zur Verschwendung von Ressourcen führt.“ Korruption verletzt zudem sämtliche ethischen Prinzipien, wie sie in der Erklärung zum Weltethos angeführt sind. Formen der Korruption gab es zu allen Zeiten, und sie wurden und werden aus religiöser und ethischer Sicht entschieden kritisiert.
Die jüdische Ethik tritt allen Formen der Missachtung, Ausgrenzung und Verächtlichmachung von Menschen entgegen: „Und Bestechung nimmt nicht, denn Bestechung blendet die Hellsehenden und verkehret die Worte der Gerechten“ (Ex. 23,8); und Gott „lässt kein Ansehen gelten und nimmt keine Bestechung an“ (Dtn. 10, 17).
Aus christlicher Perspektive meint Korruption jeden Machtmissbrauch, gleichgültig, aus welchen Motiven er geschieht. Das fasst der Ausspruch Jesu zusammen: „Ihr könnt nicht Gott dienen und dem Mammon.“ (Mt 6,24) Und die Erzählung von der Versuchung durch den Teufel zeigt, dass Jesus nicht korrumpierbar war (vgl. Lk 4, 1-13).
Ebenfalls hat das Thema Korruption in der islamischen Ethik und Morallehre einen hohen Stellenwert. Viele Verse im Koran sowie Aussagen des Propheten warnen vor der Duldung und noch mehr vor der Ausübung korrupten Verhaltens; Bestechung wird ausdrücklich verurteilt. In der Sure über den Barmherzigen heißt es, dass Gott „die Waage aufgestellt“ hat, und deshalb verlangt wird: „Ihr sollt beim Wägen nicht das Maß überschreiten, das Gewicht nach Gerechtigkeit messen und beim Wägen nicht weniger geben.“ (Sure 55, 7-9, vgl. Sure 17,35) Und der Koran fordert ebenfalls: “Tut nicht Unrecht, auf dass ihr nicht Unrecht erleidet” (Sure 2, 279).
Eine notwendige Konsequenz der grundlegenden Auffassung der Bahai-Religion, dass alle Menschen gleich an Würde, Rechten und Pflichten sind, ist eine Gerechtigkeit, in der Missbrauch der Macht keinen Platz hat. Denn „Gerechtigkeit und Redlichkeit sind die beiden Wächter, die über die Menschen wachen, … die die Grundlage für das Wohl der Welt und den Schutz ihrer Völker bilden.“ (Bahá’u’lláh, Brief an den Sohn des Wolfs, 28:1)
In vergleichbarer Weise lehnen die östlichen Religionen Korruption als unethisch und unmoralisch ab. So heißt es in der Bhagavadgita, einer zentralen Schrift des Hinduismus, dass es der Anständige vermeidet, korrupt zu werden, indem er sich von schlechten Einflüssen und deren Folgen (wie Erpressbarkeit) fernhält.
Im Buddhismus kommt eine grundlegende Haltung in den Worten zum Ausdruck: „Ich übe mich darin, mir nicht Gegebenes auch nicht zu nehmen!“ Jeder Vorteil, der dadurch entsteht, dass ihm kein berechtigter Anspruch oder entsprechende Gegenleistung gegenübersteht, gilt als „nicht gegeben“. Zudem ist die buddhistische Maxime des Mitgefühls mit allen fühlenden Wesen ein klarer Appell, sich nicht korrumpieren zu lassen oder andere zu korrumpieren!
Im säkularen Kontext weisen Vertreter einer atheistischen Perspektive zur Überwindung korrupter Einstellungen und Praktiken auf eine kluge Stärkung des Rechtsstaats hin. Und insgesamt ist es erstrebenswert, dazu beizutragen, den nachkommenden Generationen eine bessere Welt zu hinterlassen. Diese Beispiele zeigen, dass die Verletzung ethischer Prinzipien – z. B. eben durch Korruption – dem Gemeinwohl massiven Schaden zufügt, worunter letztlich alle Glieder der Gesellschaft leiden.
Der Fortschritt von Demokratie und Rechtsstaat lässt sich an der Zurückdrängung von Korruption messen. Dieser Fortschritt braucht eine wachsende gesellschaftliche Sensibilität – gegenüber der Käuflichkeit von Positionen, gegenüber jeder manipulierten Wettbewerbsverzerrung in Wirtschaft und Politik, und gegenüber durch finanzielle Zuwendungen verfälschten politischen, administrativen oder richterlichen Entscheidungen.
Diese Beispiele zeigen, dass die Verletzung ethischer Prinzipien – z. B. eben durch Korruption – dem Gemeinwohl massiven Schaden zufügt, worunter letztlich alle Glieder der Gesellschaft leiden.
Abschließend kann festgehalten werden, dass die Folgen korrupter Handlungen alle Menschen betreffen, nicht allein jene der Gegenwart, sondern viel mehr noch künftige Generationen. Denn ganz verheerend wirkt sich Korruption auf die ökologische Verantwortung aus. Wenn Profitgier und Eigennutz das oberste Ziel sind, wird keine Rücksicht auf die Umwelt und den Klimawandet genommen.
P.S. Der Link zum Antikorruptions-Volksbegehren lautet: https://antikorruptionsbegehren.at/
Ein PDF dieser Stellungnahme ist auf der IWEO-Homepage zugänglich.
Wilfried Apfalter ist Präsidiumsmitglied der Atheistischen Religionsgesellschaft in Österreich (ARG)