Weitere Replik auf Konrad Paul Liessmann: Atheismus und Religion


Am 18. Jänner hat Konrad Paul Liessmann unter dem Titel “Ridiküle Religionen” einen religionsrechtlichen Antrag der Atheistischen Religionsgesellschaft in Österreich (ARG, atheistisch.at) kommentiert (NVT, 18.1.2020, S. 10). Herr Liessmann vermittelt in seinem Text den Eindruck, dass Religion den Glauben an einen Gott voraussetze, und verkürzt Religion sinngemäß auf religiöse Gefühle.

Das Beispiel der Österreichischen Buddhistischen Religionsgesellschaft, die sich als nichttheistisch versteht und in Österreich seit 1983 als Religionsgesellschaft gesetzlich anerkannt ist, zeigt aber sehr deutlich, dass dies nach österreichischem Recht nicht zutrifft; und es trifft auch im Sinne der EU-Statusrichtlinie nicht zu, die klar festlegt: “der Begriff der Religion umfasst insbesondere theistische, nichttheistische und atheistische Glaubensüberzeugungen” (2011/95/EU, Artikel 10). Herr Liessmann lässt außer Acht, dass Religion auch ein kultureller Raum ist, in dem existenzielle Fragen gestellt werden können, und dass eine ernsthafte Beschäftigung mit solchen Fragen auch aus einer atheistischen Perspektive heraus sinnvoll und möglich ist. Herrn Liessmanns Urteil gründet sich auf sein Vorurteil. Eine wirklich kritische Religionskritik sollte auch ein positives Potenzial von Religion wahrnehmen können.

Mit welchen Narrativen, Ritualen usw. können auch Atheistinnen und Atheisten in Form seelsorgerischer Praxis zu einem guten Leben beitragen? Solche Fragen zu stellen ist sicherlich kein Abdanken von Rationalität. Das Religionsverständnis von Herrn Liessmann, wie es sich im Text zeigt, blendet die Diskussion um den Religionsbegriff, wie er fachwissenschaftlich geführt wird, aus. Als Präsidiumsmitglieder der ARG laden wir auch Konrad Paul Liessmann zu einem neuen, realistischeren und entspannteren Blick auf Religion, Atheismus und die ARG ein.

Wilfried Apfalter, Nikolaus Bösch-Weiss, Martin Marot-Perz, Karl Wergler*

*Name von der Redaktion geändert


Über Wilfried Apfalter

Ich halte unsere Atheistische Religionsgesellschaft in Österreich (ARG) für ein in mehrfacher Hinsicht sehr spannendes Projekt und bin fasziniert von dem, was alles möglich ist bzw. sein wird.

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